Tokio – Bericht Teil 3

23. November – Wettkampftag 4
Paula und Niklas hatten sich am Abend vorher gemeinsam entschieden, den Fokus auf die 200m Schmetterling zu legen. Dort rechneten sie sich größere Chancen auf den Finaleinzug aus. Da beide Vorläufe innerhalb von 60 Minuten stattfanden, schwamm Paula die 50m Freistil bewusst locker und nahm in der zweiten Hälfte das Tempo deutlich heraus. So kam es zu dem sagenumwobenen 41. Platz im Vorlauf, den nicht alle Außenstehende verstehen konnten, von dem im Team jedoch niemand enttäuscht war.

Paulas Start im Vorlauf über 200m Schmetterling brachte dann das von allen erhoffte Ergebnis, einen sehr guten 5. Platz in einer starken Zeit.

Lars musste im Vorlauf über 50m Rücken keine taktischen Überlegungen anstellen. Einfach starten und mit unter 100% Leistung in die Top 8. Und es funktionierte wie geplant: Mit einem starken 4. Platz qualifizierte er sich für das Finale.
Somit waren beide Schwimmer an diesem Tag für die Finalläufe am Abend qualifiziert. Nach den Vorläufen ging es zurück in das Hotel mit dem immer gleichen Ablauf: 12 Uhr Abfahrt aus der Halle, 12:30 Mittagessen im Hotel, anschließend Physio-Behandlung durch Alina, danach eine kleine Pause, im Anschluss Sachen packen, noch eine Kleinigkeit Essen und um 15:30 Uhr fuhren wir wieder in die Schwimmhalle, 16:00 Einschwimmen, 17:00 Uhr beginn der Final-Läufe. Die Hoffnung für die Finalläufe war klar: Lars eine Medaille und Paula eine möglichst gute Platzierung.

Lars war hochkonzentriert und gab alles. Es passierte dann aber eines der undankbarsten Dinge, die einem Schwimmer widerfahren können: 4. Platz mit 5 hundertstel Sekunden Rückstand auf Platz 3, d.h. in der offiziellen Schreibweise betrug der Rückstand 00:00,05 Minuten. Auf die Strecke umgerechnet entspricht das 9,1 cm. Weniger als eine Hand breit ist. Das war für alle sehr frustrierend.

Im Vorlauf betrug Paulas Rückstand auf die Japanerin vor ihr auf Platz 4 rund 8 Sekunden. Es war aber unbekannt, wie viel Prozent Leistung sie für diese Zeit abgerufen hatte. Paula war hochmotiviert und so entschied sie zusammen mit dem Trainer, es einfach zu probieren, auch wenn 8 Sekunden eine deutliche Lücke sind. Paula begann das Finale über 200m-Schmetterling sehr schnell und blieb bis zur 2. Wende auf Kurs für Platz 4. Auf den letzten 75 Metern forderte die enorme Belastung aber ihren Preis, sie konnte das Tempo der Japanerin nicht mehr mitgehen. Im Ziel belegte sie erneut den 5. Platz und darf trotzdem sehr stolz auf sich sein: Nummer 5 in der Welt ist eine herausragende Leistung.
Natürlich war die Stimmung auf der Rückfahrt ins Hotel nicht ausgelassen. Aber auch solche Momente sind Teil des Leistungssports. Leider haben wir zur Zeit nur Lars und Paula, die auf internationalem Niveau mitschwimmen können. In anderen Ländern wird der Gehörlosensport deutlich stärker gefördert, durch durch eine starke Nachwuchsförderung werden dort mehr Leistungssportler entdeckt und entwickel.. Diese größere Anzahl gewinnt dann auch mehr Medaillen.
24. November – Wettkampftag 5
Über 50 m Freistil hatte Lars das Ziel, unter die besten 16 zu kommen. Im Vorlauf belegte er Platz 14 und qualifizierte sich damit für das Halbfinale am Abend. Dort wollte Lars noch einmal schneller schwimmen. Das gelang ihm auch, dennoch fehlten am Ende 0,6 Sekunden für den Einzug ins Finale. Damit hatet Lars seinen Wettkampf bei den Deaflympics beendet.

Paula startete über 100 m Rücken und konnte ihre persönliche Bestzeit verbessern, verpasste jedoch knapp den Einzug ins Finale.
25. November – Wettkampftag 6
Am letzten Wettkampftag standen für Paula die 200 m Freistil an. Obwohl sie die Belastung nach 5 Wettkampftagen fühlte, schaffte Paula es erstmals, unter 2:20 Minuten zu bleiben und belegte den 13. Platz.
Anschließend verabschiedeten wir uns offiziell von den anderen Schwimmteams. Auf dem letzten technischen Meeting wurde bekannt gegeben, dass wahrscheinlich Polen die Schwimm Weltmeisterschaft 2027 ausrichten wird.

Am Abend stand dann das Finale im Handball zwischen Deutschland und Kroatien an. Das gesamte Schwimmteam und noch viele andere deutsche Sportler, Trainer, Physiotherapeuten und andere Delegationsmitglieder feuerten unsere Mannschaft live in der Halle stark an. Nach einem großen Kampf konnten sie sich über die Silbermedaille freuen.
6. November – Abschlussfeier Deaflympics
Vor der Abschlussfeier machte das Schwimmteam einen Ausflug auf den Tokyo Skytree, aus 460 m Höhe hat man dort eine fantastische Aussicht über die Stadt.

Am Nachmittag fand eine bunte und tolle Abschlussfeier statt, bei der alle Sportler*innen miteinander gebärdeten und sich verabschiedeten.
27. November – Die Rückreise
Am nächsten Tag begann dann die Rückreise. Lars blieb noch privat in Japan, alle anderen durften erleben, wie die Lufthansa die Leistungen der deutsche Deaflympics-Teilnehmer anerkannte: Neben einer gesonderten Boardinggruppe, einem eigenen Gebärdensprachendolmetscher der Lufthansa an Bord und einer gesonderten Begrüßung der Delegation über Lautsprecher und Dolmetscher hatte alle Flugbegleiter die Gebärden für die an Bord verfügbaren Speisen und Getränke gelernt. Ein wunderbares Zeichen.

Über den Nordpol und Grönland sind wir dann nach Deutschland geflogen, Auf dem Flug konnten wir Nordlichter beobachten. Nach 14 Stunden und 20 Minuten Flugzeit abends in Frankfurt landeten. Einige fuhren anschließend mit der Bahn nach Hause, andere hatten noch weiterführende Flüge. Aber alle kamen noch in der Nacht gesund zu Hause an.
